Samstag, 23. November 2013

Kinky F*ckery



Vor nicht allzu langer Zeit begab es sich, verehrter Leser, dass der hier Schreibende zum großen Internet-Orakel pilgerte, ihm die Gaben darbrachte und mit einem Flüstern auf den Lippen um eine Antwort auf die folgende Frage bat:
„Eliza Coupe…“
Doch das Orakel fiel ihm sogleich ins Wort und rief nur hastig:
„Füße?!?!“
Ja, es ist wahr, verehrter Leser, wenn man die gute Frau googelt*, werden einem kurzerhand Bilder ihrer Füße vorgeschlagen. Google denkt für dich, davon ist der Schreibende überzeugt, und er folgte dem Rat des Orakels. So fand er heraus, dass eine Datenbank mit gesammelten Bildern von Füßen (mehr oder weniger) berühmter Frauen existiert**. Und das brachte ihn wiederum dazu, über verschiedene sexuelle Fetische, und deren Akzeptanz im Lauf der Geschichte, nachzudenken.

Stein des Anstoßes

Der wohl bekannteste Fetisch wird für gewöhnlich als Sadomasochismus, SM oder Sado-Maso bezeichnet.*** Ist man vom Fach, wird der Begriff BDSM verwendet. Er setzt sich zusammen aus den Anfangsbuchstaben der englischen Bezeichnungen Bondage & Discipline, Dominance & Submission und Sadism & Masochism. BDSM umschreibt verschiedene Verhaltensweisen, meist sexueller Natur, die im Zusammenhang mit Dominanz, Unterwerfung, Fesselungsspielen und dem lustvollen Zufügen oder Empfangen von Schmerz stehen.
Kern all dieser Praktiken ist, dass sich die Beteiligten freiwillig in ein Machtgefälle begeben. Der devote Partner (Bottom) gibt einen Teil seiner Macht auf, und übergibt ihn an den dominanten Partner (Top). Heilige Dreifaltigkeit und Grundregel jeder BDSM-Praktik ist SSC (safe, sane, consensual) – jedes Vorgehen soll sicherheitsbewusst, mit gesundem Menschenverstand und in beiderseitigem Einverständnis erfolgen.

Reitgerte als klassisches Symbol für Dominanz

Im 18. Jahrhundert lebte ein Mann, der hieß Donatien-Alphonse-Francois de Sade (1740-1814).**** Dieser feine französische Adelige verliebt sich eines Tages in die junge Anne-Prospère de Montreuil. Unter dem Druck der Eltern heiratet er allerdings deren Schwester – die alte Kartonage Renèe Pèlagie. Als Entschädigung gibt es zumindest reichlich Zaster – Sade hat damit ausgesorgt. Für verheiratete Männer seines Standes war es damals üblich, „Beziehungen“ zu Schauspielerinnen und Kurtisanen zu unterhalten. Dem Alphonse, kein Kind von Traurigkeit, ist allerdings furchtbar fad und, wir wissen es alle, wer das Gold hat, macht die Regeln, nicht?

ER schon wieder?
 
So feiert er regelmäßig Orgien, lädt dazu gleichgesinnte Männer und Frauen ein, andere bezahlt er für ihre Anwesenheit und wieder andere zwingt der mächtige Alph einfach zur Teilnahme. Schön langsam häufen sich die Vorwürfe der Entführung und schwerer Misshandlung durch Auspeitschen. Schließlich beschuldigen ihn zwei Damen aus dem horizontalen Gewerbe – Alph hat sie, ohne ihr Wissen, unter Drogen gesetzt, und sie so zu Analverkehr und Gruppensex gefügig gemacht. Dafür gab’s die Todesstrafe.
Alph packt kurzerhand seine Schwägerin Anne-Prospère ein, und flüchtet mit ihr nach Italien. Er wird allerdings aufgegriffen, nach Paris gebracht und in den Kerker geworfen. Die Todesstrafe bleibt ihm erspart. Im Häfn genießt er durch den Namen seiner Familie eine Sonderstellung. Er lässt sich Bücher bringen und beginnt über Philosophie, Religion und Moral zu schreiben.***** Im Sog der französischen Revolution kommt er frei, amtiert als Richter, muss wieder ins Gefängnis, wieder Freiheit, Napoleon kastelt ihn wieder ein, Alph stirbt in Haft.

Gilrs gone Alph

Die Zensur hatte schon immer Heißhunger auf Sades Werke. Noch im Jahre 1963 wird „Die Philosophie im Boudoir“ von der deutschen Bundesprüfstelle für jugendgefährdete Schriften indiziert. Nur 60 Jahre später erscheint von der britischen Mutter und Hausfrau Erika Leonard ein Bücherl mit Namen „Fifty Shades of Grey“. Detailreich wird darin über BDSM-Praktiken berichtet, bei den Kritikern fällt es durch, die gesamte Trilogie verkauft sich freilich über 70 Millionen Mal, die Verfilmung wird für 2015 erwartet.


Zu Recht fragst du dich nun, verehrter Leser, nach der Moral dieser Geschichte und ich beantworte sie dir gerne:
1) Werde reich.
2) Benutze deinen Reichtum (<=> Macht) um etwas uneingeschränkt und abstrus Skandalöses auszuleben. Nur keine Scheu!
3) Lass dich dafür verurteilen und stirb in der Folge arm und ohne Freunde.
4) 200 Jahre später greift jemand deine Ideen auf und verdient sich damit dumm und dämlich.
5) Kurz darauf erscheint ein neuer Beitrag mit reißerischem Titel in „Der Stein des Anstoßes“.
6) Im Beitrag wird dein Name genannt – das verhilft dir zu unendlichem Weltruhm.
7) Google denkt für dich!
8) Google denkt für dich!
9) Google de…




 ___________________________________________________

*Das klingt unfassbar schweinisch, oder? Das Wort findet sich übrigens seit 2004 im Duden
***Der Name bezieht sich auf Leopold Ritter von Sacher-Masoch, einen österreichischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts, der vor allem für seine Novelle „Venus im Pelz“ bekannt ist. Darin beschreibt er eine sadomasochistische Beziehung zwischen Mann (unterwürfig) und Frau (dominant). Es ist ein durchdachter und oft kritischer Text, besser als sein Ruf.
Zitat daraus:
„Daß das Weib, wie es die Natur geschaffen und wie es der Mann gegenwärtig heranzieht, sein Feind ist und nur seine Sklavin oder seine Despotin sein kann, nie aber seine Gefährtin. Dies wird sie erst dann sein können, wenn sie ihm gleich steht an Rechten, wenn sie ihm ebenbürtig ist durch Bildung und Arbeit.“
****Von seinem Namen hat man den Begriff Sadismus abgeleitet.
*****Ein Hoch auf den zweiten Bildungsweg!

3 Kommentare:

  1. Lieber R.,
    ich bin nun schon seit Oktober ein ganz begeisterteter Lese und unglaublich fasziniert von deinen Beiträgen - abgesehen, dass ich etwas lerne, muss ich mich des Öfteren zerkugeln! Gespannt und eifrig warte ich auf die Dezember Beiträge und danke dir, dass ich mitlesen darf!
    Alles Liebe J.*

    *Na, wer bin ich?

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Lieber Jesus,
      deine freundlichen Worte versetzen mich in gar dionysische Verzückung. ;)
      Der Dank gilt allerdings voll und ganz dir, Herr und Frau Leser, wer und wo du in dieser Welt auch immer sein magst!

      Löschen
    2. Jesus = Julie S., etwas weit daneben mein lieber Roman, aber ich freue mich über deine Antwort und deine dionysische Erregung gibt mir nun eine noch größere Vorfreude auf neuen (!) deinen Dezember-Eintrag!

      Löschen